Gepäcktour mit Zugbegleitung
- Drei Tage auf der fränkischen Pegnitz -

 

 abgebrannt...

Rrrrummm - der ICE von Nürnberg nach Bayreuth donnert mitten durch unser Zelt. Halt, nicht durch, sondern gottseidank nur etwa 10 Meter über. Trotzdem reißt es mich fast aus dem Schlafsack. Genau, wir haben ja keinen anderen Zeltplatz gefunden als direkt neben bzw. unter der Eisenbahnbrücke. Ein netter Zeitgenosse hat uns sogar die Brennnesseln und Kräuter weggemäht und uns erlaubt, auf dem Platz zu campieren. Eigentlich wollten wir ja in Lungsdorf übernachten, denn da steht im Wanderführer für Bayern "wegen zelten im Gasthaus fragen". Aber dieses Gasthaus  war nicht zu finden. Bis wir dann erfuhren, dass es vor Jahren abgebrannt ist und seitdem auch keine Campmöglichkeit mehr besteht.
In Neuhaus sind wir kurz nach Mittag gestartet. An der Sparkasse ist eine ideale Einsatzstelle, die Autos kann man gleich in der Nähe parken. Hier zieht die Pegnitz bereits in flotter Strömung durch das malerische, enge Tal, vorbei an schmucken Fachwerkhäusern und Kletterfelsen, die immer wieder aus den bewaldeten Steilhängen links und rechts herausragen. Die Gärten reichen ans Ufer heran, gleich in der Nähe folgt die Strasse wie ein zweites Band dem Fluss. Und schon bald merken wir, dass auch die Eisenbahn unser ständiger Begleiter ist. Gerade hier im oberen Verlauf unserer Tourenstrecke schlängelt sich der Fluss in unzähligen Windungen durch das Tal. Die Eisenbahn-Bauer haben aber den direkten, geraden Weg gewählt und so folgt eine Brücke der anderen, verbunden durch zahlreiche Tunnels. Wie oft wir unter einer Bahnbrücke durchfuhren während der drei Tage - ich habe es nicht gezählt. Und beinahe jedes Mal , wenn wir gerade unter dem Bauwerk waren, kam gerade ein Zug und polterte Furcht erregend über uns hinweg. So stimmt also die Aussage unseres Gastgebers für die erste Nacht, dass etwa alle viertel Stunde mit einem Zug zu rechnen ist.
Obwohl wir für den ersten Tag nur eine Strecke von etwa 8 Kilometern eingeplant haben, sind bereits 5 Wehre zu umtragen. Gottseidank sind alle bis auf die Anlage am Bronzewerk Gütersthal recht leicht und kurz zu bewältigen.
Ich gewöhne mich relativ schnell an das rhythmisch wiederkehrenden Eisenbahngedonnere und schlafe bald wieder ein. Geweckt werde ich noch einmal vom rauschenden Regen, der mitten in der Nacht einsetzt. Das also ist das angekündigte schlechte Wetter.

Drüber oder drum herum?

Am Morgen hat der Regen zwar aufgehört, aber die Wolken ziehen tief, schwarz und bedrohlich über das Tal. Solange wir gemütlich unter unserem Tarp frühstücken, stört uns das nicht. Man hat uns erzählt, dass etwas flussabwärts ein Baum quer im Wasser liegt und die Durchfahrt versperrt. Wir besichtigen die Stelle, müssen einsehen, dass wir mit unseren beladenen Canadiern sicher nicht über die einzig mögliche Stelle fahren können. Denn da liegt der Stamm ganz knapp unter der Wasseroberfläche. So beschließen wir, die Boote gleich auf unseren Wagen an der Stelle vorbei zu fahren, wobei wir sie und das Gepäck allerdings über den mächtigen Stamm hieven müssen, der auch den Uferweg etwas oberhalb der Pegnitz versperrt. Wir sind froh, dass wir am vorigen Abend nicht weitergefahren sind, denn da hätten wir die Situation nicht mehr so gut bewältigt.
Gleich nach dem Hindernis geht's wieder ab in die Boote und kurz darauf lässt sich die Sonne sehen. Das schlechte Wetter ist weitergezogen und strahlender Sonnenschein wird uns auf dem weiteren Weg begleiten. Heute haben wir den größten Teil unserer Tour zu fahren: ca. 18 Kilometer mit weiteren 5 Wehren. Dieser Abschnitt ist besonders reizvoll: Romantische, felsendurchsetzte Uferwände, saftige Wiesen, schmucke Ortschaften im gewohnten fränkischen Fachwerkstil.
Inzwischen haben wir uns an die "Zugbegleitung" gewöhnt, am "Pendolino" finden wir sogar Gefallen, wie er sich in die Kurven legt.

Urwaldfahrt

Bei Düsselbach wird die Pegnitz noch lebendiger. Kurze erfrischende Schwallstrecken bringen Abwechslung, verlangen aber auch eine exakte Bootsführung.  Hier ist der Fluss weniger kurvig, ab dem letzen Wehr bei Alfalter legt er aber wieder schlagartig zu, außerdem wird er enger. Flotte Strömung und leichte Schwälle erfordern konzentriertes, exaktes Manövrieren, will man nicht unters Ufergebüsch oder an hereinhängende Bäume gezogen werden. Wir kommen uns vor wie auf einem Urwaldfluss, von den Ortschaften und der Landschaft bekommen wir kaum etwas mehr mit. Dafür sorgen der dichte Bewuchs und die Tatsache, dass wir unser ganzes Augenmerk auf das Wasser, die umgestürzten Bäume und die manchmal nur bootsbreiten Durchfahrten richten müssen. Solo in meinem 16 ft - "Prospector" bin ich ganz schön am Werkeln, aber auch Wolfgang und Albert im 17 ft - "Trip" haben einiges zu tun. Diese Bootslänge stößt hier an ihre Grenzen.
Am späten Nachmittag erreichen wir den wunderschön gelegenen Campingplatz bei Hohenstadt. Das weite Gelände liegt innerhalb einer großen Flussschleife und wird von vielen Paddlern frequentiert. Hier kann man auch Boote leihen.
Sehr schnell kommen wir mit anderen Canadierfahrern ins Gespräch und sie warnen vor einem Baumstamm, der etwa einen Kilometer unterhalb hinter einer Kurve quer über den Fluss liegen soll. Bei dem momentanen Wasserstand könne er aber unterfahren werden, wenn man sich ganz flach ins Boot legt. Außerdem macht man uns auf die vielen überhängenden Bäume und Büsche aufmerksam, die bei der raschen Strömung und den vielen Windungen eine echte Gefahr bedeuten. Vorerst allerdings machen wir es uns gemütlich und genießen den schönen Sommerabend.
Gemischte Gefühle kommen aber doch auf, als ich mich im Schlafsack verkrieche, den Tag Revue passieren lasse und mich auf den kommenden Tag einstimme. Umgestürzte Bäume, versperrte Durchfahrten und brodelndes Wasser "würzen" meine Träume.

schöpfen...

Am Morgen sieht die Welt bei Sonnenschein und aufkommendem Tatendrang wieder anders aus. Den Dämpfer bekommen wir, als uns bei der Abfahrt ein Paddler sorgenvoll darauf aufmerksam macht, dass nun die weitaus schwierigste Strecke komme und sie gestern drei Kenterungen hatten. Ich lasse Karl und Uli im Zweier vorausfahren.
Es dauert nicht lange, da höre ich Karls Trillerpfeife. Hinter der Biegung sehe ich gerade, wie sie die einzig fahrbare Möglichkeit unter dem mächtigen Baumstamm anpeilen, dann verschwinden sie für einen Moment  und gleich darauf höre ich ein lautes Schimpfen und Fluchen. Kein Kehrwasser, kaum eine Möglichkeit zu bremsen, also durch. Die Strömung ist tückisch. Ich muss mich rechts halten, darf aber nicht unters Gebüsch geraten. Dann flach ins Boot gelegt und durch in den folgenden Schwall. Das ist nicht weiter tragisch, aber gleich danach zieht die Strömung stark links auf einen im Wasser liegenden, gut armdicken Baumstamm zu. Kontern und rechts ziehen, reinhauen, was das Zeug hält, aber dennoch fahre ich etwas auf, stoße mich ab, noch einmal Ziehschlag und ich bin in ruhigerem Wasser. Nach der nächsten Windung "liegen" Karl und Uli am Ufer, er schöpft mit dem Kochtopf! Gleich erfahre ich, dass sie beim Auffahren auf den schwimmenden Stamm zunächst hängen geblieben, dann fast gekentert sind, sich gerade noch gefangen, aber dafür etwa 50 Liter Wasser aufgenommen haben.
In diesem Stil geht es weiter bis kurz vor Hersbruck. In mehreren Bögen fahren wir am malerisch gelegenen Gelände des beliebten Strudelbades vorbei. Dann teilt sich der Fluss. Der rechte Arm führt zu einem Wehr, wir gleiten links durch den   Dschungel und erreichen nach wenigen Minuten unser Ziel. An der Fußgängerbrücke steigen wir aus, Punkt 12 Uhr mittags, gerade richtig zur Brotzeit.
Wir sind uns einig: Es war eine schöne Fahrt in herrlicher Umgebung. Aufgrund der engen und für unsere Canadier manchmal schwierigen Durchfahrten ist die Pegnitz nicht so unser Fluss. Mit Kajaks oder kurzen, wendigen Solocanadiern sieht die Sache besser aus. Und - wer alleine oder ohne Auto unterwegs ist,  kann mit der Bahn bequem an den Ausgangspunkt zurückfahren ...


Hinweise:

Strecke: Von Neuhaus (Sparkasse) bis Hersbruck (Fußgängerbrücke nördlich der Schule)

  • Anfahrt: Über A 9 Nürnberg - Bayreuth, Ausfahrt Lauf/Hersbruck  bzw. Plech

  • oder 

      A 93 Regensburg - Schwandorf, dann A 6 Amberg - Nürnberg, Ausfahrt Alfeld

    • Fluss: Schmaler, z.T.  sehr gewundener Wiesenfluss mit flotter Strömung, immer wieder leichte Schwälle, umgestürzte Bäume; viel Wehre, meist leicht zu umtragen; bei wenig Wasser wahrscheinlich streckenweise unfahrbar; für wendige Zweier, ansonsten Einer bevorzugt

    • Campen: Öffentlicher Campingplatz Hohenstadt, schön gelegen, ideal für Paddler, gut geführt; Bahnhof in der Nähe

     

    • Bootsverleih: "Alles im Fluss", Jens + Irene Richter, Lungsdorf 13, Tel. 09152-1542  bzw.  0170-2610360; outdoorpapzt@t-online.de

    Einfache Canadier auch am Campingplatz Hohenstadt

    • Literatur:  Kanu-Wanderführer für Bayern, DKV 1999 ;   Nejedly H.: Kanuwandern in Süddeutschland, BLV

              Zaunhuber A.: Kanuwandern - Die schönsten Kanutouren in Bayern, Pollner Verlag

     

     
    Seitenanfang