Klein-Kanada in der Oberpfalz
Kanutour auf dem Regen
 

Umgestürzte Bäume liegen im Wasser, versperren rechts die Durchfahrt. Enten fliegen geräuschvoll auf, in Blickweite ragen dicke Steinbrocken aus dem sauberen Wasser. Fast glaubt man, nicht mitten in der Oberpfalz, sondern irgendwo in ferner Wildnis zu sein. Nicht verwunderlich, dass ein Abschnitt weiter flussaufwärts sogar " Klein-Kanada " genannt wird.  Die Idylle wird immer wieder durchbrochen vom fernen Autolärm, Stromleitungen erinnern uns daran, dass wir uns im dichtbesiedelten Mitteleuropa befinden.
Eine Tour auf dem Regen, mit fast 200 Kilometern Länge der längste Fluss der Oberpfalz und mit 107 Kilometern ausgewiesener Wanderstrecke, ist immer wieder ein Erlebnis.  Seit Montag sind wir bei angenehmen Sommertemperaturen, aber immer wieder kühlem Wind ab Chamerau unterwegs.  Wir, das sind Wolfgang im Einerkanadier - er hat die Tour organisiert - Eva und Helmut sowie mein Sohn Christian und ich, jeweils im Zweierkanu.  Nachdem die umstrittene Sperrung von Cham bis Pösing seit 21. Juni wieder aufgehoben ist, haben wir den Flussabschnitt von Chamerau bis Regenstauf gewählt.
Der Fluss windet sich äußerst kurvenreich durch die herrliche Landschaft, die Ufer dicht gesäumt von Bäumen und üppigem Springkraut, dessen Blüten in der Sonne glänzen. Wir genießen die Ruhe, paddeln, lassen uns wieder treiben und vergessen bald den Alltag.  Nachdem wir die beiden Wehre bei Cham unter einigem Schweiß umtragen haben, geht's weiter durch die windungsreiche Strecke in Richtung Untertraubenbach, unserem ersten Etappenziel. Fast glaubt man nicht, dass die Fließrichtung eigentlich Westen ist, so kurvig hat sich das Wasser hier seinen Weg gebahnt.  Fernab von der Bundesstraße ist der Fluss hier von artenreichen Wäldern gesäumt.

Am rechten Ufer taucht der Rastplatz beim Flussschwimmbad auf.  Nur wenige Zelte sind auf der weitläufigen Wiese mit Grillplatz und Wetterunterstand auszumachen.  Wir entladen unsere Kanus, ziehen sie aus dem Wasser und schlagen unser Lager auf.  Nach dem Abendessen wird es schnell dunkel und Helmut zieht seine Gitarre heraus.  Er und Eva spielen in einer Country-Band - kein Wunder, dass sich unsere Lagerfeuerromantik ziemlich lange hinzieht ...
Unsere zweite Etappe führt uns bis Walderbach.  Eigentlich wollten wir bis zum Campingplatz bei Reichenbach einige Kilometer weiter.  Aber nachdem uns Einheimische versichert haben, dass man auf dem schön gelegenen Rastplatz am linken Ufer gleich nach dem Wehr campen darf, bleiben wir hier.  Die knapp 25 Kilometer mit vier teilweise anstrengenden Wehrumtragungen reichen uns für heute.  Heute war es praktisch windstill bei ziemlicher Hitze und die Mücken und Bremsen haben uns ganz schön zugesetzt.  Der Sägewerksbesitzer nahe des Rastplatzes stellt sogar kostenloses Holz fürs Lagerfeuer zur Verfügung.  Das Feuer mildert ein wenig die Insektenplage und stimmt uns auf den Abend ein.  Nachdem die Mägen gefüllt sind, wird's wieder gemütlich und wir lassen den vergangenen Tag passieren.  Besonderen Eindruck hat der Schwall unter der Pösinger Brücke hinterlassen.  Er muss genau angefahren werden, trotz Persenning hat er uns einige Liter ins Boot geschaufelt.  Und dann die Wehre!  Zu spät haben wir entdeckt, dass es in Roding eine fahrbare Floßgasse gibt.  So haben wir Boote und Gepäck mühsam über die Steine der Wehrkrone gewuchtet.  Hier zeigt sich, dass wir fünf schon ein richtiges Team geworden sind.  Und dabei haben wir uns teilweise erst beim Start unserer Tour kennen gelernt.
Es ist kurz vor fünf Uhr morgens: Ein regelmäßiges Klopfen auf dem Zeltdach.  Regen - Mist!  Er hält sich zwar in Grenzen, aber später packen wir die Zelte nass ein.  Gegen Abend, als wir uns Marienthal nähern, reißt der Himmel teilweise auf, die Sonne kommt wieder durch.  Immer wieder ein Erlebnis ist die Einfahrt ins sogenannte " Regenknie ". Hier biegt der Fluss von seiner westlichen Fließrichtung nach Süden in Richtung Regensburg ab, wo er in die Donau mündet.  

Jede Menge Felsbrocken liegen im Wasser, gegen die tiefstehende Sonne kann man manchen Stein unter der Wasseroberfläche erst recht spät entdecken.  Die Durchfahrt ist aber kein größeres Problem trotz der hier stärkeren Strömung.  Auch Eva und Helmut meistern die Passage ohne Schwierigkeiten und dabei sitzen sie seit dieser Tour das erste Mal in einem Canadier.  Vor diesem Streckenabschnitt - einem der Höhepunkte jeder Regen-Befahrung - galt es allerdings noch, das unangenehmste Wehr zu bewältigen: Stefling. In bewährter Manier hieven wir das Gepäck über die Wehrmauer, indem wir eine Tragekette bilden.  Die Mauer ist kaum überspült, dafür etwa zwei Meter hoch.  Danach wuchten wir die Kanus hinüber, hinunter, laden ein und treideln noch etliche Meter durch das seichte Flussbett.  Das meiste Wasser fließt durch das kleine Kraftwerk.
Unser letzter Übernachtungsplatz taucht am rechten Ufer auf: Eine Wiese, umgeben von Wald, der sich einen Hügel hinaufzieht.  Der freundliche Bauer hat für uns sogar die Wiese gemäht, das hat Wolfgang letzte Woche noch gemanagt. Hier könnten wir es länger aushalten!  Eine prima Anlegestelle mit einem praktischen Felsen und ein bequemer Badeplatz.  Aus Zeitgründen gehen wir am Donnerstag die letzte Etappe an.  Vorbei am malerischen Hirschling und am grandios gelegenen Barockschloß Ramspau, landen wir am frühen Nachmittag in Regenstauf.  Zu rasch sind die vier Tage vergangen und als wir im Auto sitzen, sind wir bald wieder im Sog unserer schnelllebigen Zeit.       

 

Literatur und Hinweise:
  1. Wanderführer für Bayern, Bayer.  Kanu Verband

  2. Kanuwandern in Süddeutschland, Heinrich Nejedly, BLV-Verlag

  3. Wassersport-Wanderkarte, Deutschland Südost (Nr. 4 ), Büro für  Kartographie E. Jübermann, Uelzen

  4. Karten von Christian Löhnert

  5. Verkehrsamt Cham, Propsteistr. 46, Tel. 09971 / 4933: Hier erhält man einen brauchbaren Faltprospekt " Bootwandern im Naturpark Oberer Bayer.  Wald ". Dieser Prospekt enthält eine Karte, einen Tourenvorschlag und gibt Auskunft über Campmöglichkeiten.

  6. Auf dem 107 km langen Wasserwanderweg vom Blaibacher Stausee bis Regensburg erleichtern Hinweistafeln, Umtragestellen mit Treppen, Rast- und Zeltplätze eine Wanderfahrt mit Gepäck.  Das Wasser ist recht sauber und es gibt viele Bademöglichkeiten.

  7. Leichtes Wildwasser gibt es in der " Bärenschlucht " unterhalb Regen bis Teisnach.  Eine wildromantische Schlucht abseits der Straße, auch für Zweiercanadier bei ordentlichem Wasserstand zu fahren. Das "Bärenloch" im Video

 

 

Regentour von Dicherling bis Hirschling

 


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